Ein Blick auf das "Maternal Gate"

Maternal Gatekeeping - in Gleichberechtigungsdebatten ein heiß diskutierter Begriff. Ist da nun etwas dran, oder ist es eine haltlose Unterstellung, eine weitere Chance, die Schuld für ungleiche Aufgabenverteilung bei Frauen selbst zu suchen?
Photo by Jake Ingle on Unsplash

Zugegeben, ich finde schade, wenn es eine Entweder-Oder-Diskussion sein soll, die nur mit schwarz oder weiß beantwortet werden kann. In der Debatte lese ich heraus, dass es viele Ansichten dazu geben kann, die sich gar nicht ausschließen müssen, und die im Endeffekt oft sogar das gleiche meinen.

Auch zugegeben - ich selbst bin keine Mutter - kann mir also nicht das tatsächliche Ausmaß an Mentalload mit Kindern vorstellen - aber irgendwie doch, denn das ist mit der Hauptgrund, warum ich gar nicht erst eine werden möchte.
Inaktive Männer, weit verbreitete traditionelle Geschlechterrollen, eine Gesellschaft, in der Familienarbeit selbstverständlich weiblich ist - so, dass Mutterschaft irgendwo Selbstaufgabe und Verausgabung bedeutet.


Wie es Maria Sveland in ihrem Roman "Bitterfotze" schreibt, ist Elternschaft wohl noch "das schwerste Gleichstellungsprojekt".


Wird das Maternal Gatekeeping diskutiert, geht es meiner Meinung nach oft in eine Verteidigungshaltung. "
Was? Jetzt soll ich auch noch Schuld sein, dass der Mann sich zu wenig kümmert? Männer, die verantwortungsvolle Jobs und sonst so viel Durchsetzungsvermögen haben, können zu Hause einfachste Dinge nicht? Die wollen einfach nicht, voll respektlos!"



Ja, definitiv! Ich habe schon unzählige Dinge gehört, die an Respektlosigkeit kaum zu überbieten sind. Zum Beispiel seine schwangere Frau einen Tag vor Weihnachten losschicken, um noch ein Geschenk für die Eltern zu kaufen. Jedes einzelne charmant als Kompliment verpackte, aber berechnend und selbstgerecht gemeinte "Du kannst das doch sowieso besser" oder "Dir fällt es doch viel leichter", wenn man die Belastung durch bestimmte Aufgaben äußert.
Das halbherzige Erledigen oder Sich-Drücken vor Aufgaben, bis hin zu (für mich höchstes Respektlosigkeitslevel): "Ich habe den ganzen Tag so viele wichtige Dinge im Kopf, dass ich mich nicht auch noch mit solchen Sachen beschäftigen will."


Die Frage, die ich mir jedesmal stelle, ist: wo fängt die Schieflage eigentlich an?

Es liest sich in vielen Beiträgen zum Thema so, als würde man irgendwie dareingerutscht sein, und erst ein paar Jahre nach der Geburt fällt auf, dass die Beziehung gar nicht so gleichberechtigt ist, wie man sie irgendwann gern gehabt hätte. Irgendwie ist man in die traditionellen Rollen geraten, der Vater kümmert sich weniger, hält sich raus, geht seinem ganz normalen Leben nach, während die Mutter nun die verantwortliche Familienmanagerin ist - und die Zuständigkeit ihr Alltagsleben, zumindest vorübergehend, aufgeben oder zumindest zurückschrauben muss. Durch diese Zuständigkeit gepaart mit der Passivität des Partners hat die Mutter den Mental Load - und die höhere Kompetenz in Erledigung der Aufgaben, weswegen sie nur schwer abgegeben werden können. Ein Teufelskreis.


Der Begriff des Maternal Gatekeeping mag daher einen Finger in die Wunde stecken, denn natürlich hat sich wohl niemand die Situation ausgesucht und Hurra geschrien, die Aufgaben möglichst unfair zu verteilen.
Was allerdings hinter dem Begriff steckt, spielt jedoch sehr wohl eine große Rolle, nämlich die Sozialisierung und Prägung der wir gern unterliegen, wenn Paare in Größenordnungen in diese Situation "hineinrutschen".


Viele Frauen und Männer unserer Generation wurden nun mal noch stark traditionell erzogen.
Will man Gleichberechtigung leben, muss man die Schwächen der traditionellen Rollen erkennen und reflektieren, sowohl die der Männer/Vaterrolle als auch die der Frauen/Mutterrolle.
Das soll weder Männer ent-, noch Frauen beschuldigen.
Es soll nicht bedeuten: "Der Mann kann gar nichts dafür, er hat es ja nicht besser gelernt."
Es soll auch nicht bedeuten: "Wenn du ihn nur machen ließest, wäre er sicher völlig engagiert"
Denn diese beiden Auffassungen sind zu einseitig.
Genauso wie eine "Ich als Frau mache ja aber alles richtig (ohne mich würde das gar nicht laufen) nur der Mann kümmert sich einfach nicht"- Sichtweise es ist.


Will man Gleichberechtigung, so sind Männer und Frauen von Anfang an in der Verantwortung, ihr Handeln zu hinterfragen.
Und diesen Anfang sehe ich bereits in der Zeit vor gemeinsamen Kindern, bereits in der Zeit der ersten gemeinsamen Wohnung. Wie kommen die untätigen und respektlosen Männer so lange damit durch, so lange, dass man sogar noch Kinder mit ihnen will?
Warum nehmen sie ihnen die Arbeit ab, unter dem Vorwand "Wenn ich es nicht mache, macht es ja niemand", anstatt dafür zu streiten oder es auszuhalten, dass "es ja niemand macht", so lange bis es jemand macht? Wenn man erst nach der Geburt von Kindern darüber beginnt zu diskutieren, warum der Mann sich "nicht einbringt", oder Aufgaben im Haushalt nur "wie eine schlechte Urlaubsvertretung erledigt", dann bedeutet das für mich, dass auch schon vorher eine klare Rollenverteilung in der Beziehung geherrscht hat.
Und daher finde ich es mehr als nötig, auch die eigenen Rollenbilder und Erwartungen zu reflektieren.
Anstatt von Beginn an dem Partner die Socken hinterherzuräumen, oder ihm hinterherzuputzen, weil es ansonsten nicht so schön ist, wie man es selbst gern hätte, ist es für mich unerlässlich, seine eigenen Ansprüche und Verantwortungsbereiche zu hinterfragen, seine eigenen Bedürfnisse zu äußern.


Haushalt und Familie sind nicht per se Frauensache - als Mutter nicht, und auch in einer kinderlosen Beziehung nicht!
Aber weil wir genau das immer noch in Größenordnungen beigebracht bekommen, ist es wichtig sich von dieser Zuständigkeit lösen zu können, sie abgeben zu können - notfalls an untätige, oder sich unfähig anstellende Männer.
Dass das mit Kindern nicht immer unbedingt funktioniert, sehe ich ein - ich sehe den Handlungsbedarf also bereits bevor sich überhaupt ein Maternal Gate aufbauen kann, und man in solche Situation "hineinrutschen" kann.













Kommentare

Beliebte Posts